Transparenzanforderungen zur Nachhaltigkeit umsetzen: CSRD, VSME und ISO-Normen im Vergleich

Krankenhäusern stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, den Transparenzanforderungen der Stakeholder hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaresilienz gerecht zu werden. Dieser Fachvergleich befasst sich mit den relevanten Nachhaltigkeitsstandards: CSRD, VSME sowie den ISO-Normen 14001, 14064, 50001 und 26000. Welcher Standard ist geeignet für Ihr Krankenhaus bzw. die Trägerstruktur? Eine detaillierte Analyse mit Synergien, Unterschieden und Implementierungsempfehlungen!

Die wachsende Bedeutung standardisierter Nachhaltigkeit

In einer Zeit, in der nachhaltiges Wirtschaften nicht mehr nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit darstellt, stehen Krankenhäuser vor der Herausforderung, die Risiken, Chancen und Auswirkungen be-züglich der ESG (Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen) transparent und vergleichbar zu machen. Während große Krankenhäuser bzw. Konzerne durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zur Berichterstattung verpflichtet sind, geraten auch kleine und mittlere Krankenhäuser zuneh-mend unter Druck – sei es durch Patientenanforderungen, Kreditgeber und Banken, die Öffentlichkeit oder die gesamte Lieferkette (Trickle-Down-Effekt). Nachhaltigkeitskennzahlen sind somit stark fokus-siert, um damit Steuerungsprozesse auch zur finanziellen Sicherstellung des Krankenhauses zu unter-stützen.

Der neue VSME-Standard (Voluntary Sustainability Reporting Standard for SMEs) wurde speziell für kleinere Unternehmen entwickelt, während etablierte ISO-Normen bereits seit Jahren den Rahmen für Umwelt-, Energie- und Sozialmanagement bilden. Doch wo liegen die Unterschiede? Welcher Standard ist für welches Unternehmen geeignet?

CSRD-Umsetzung in Deutschland: Was Krankenhäuser wissen müssen

Gestaffelte Berichtspflicht ab 2025:

  • Es wird dringlich darauf verwiesen, dass die endgültigen Anpassungen des Anwendungsbereichs derzeit noch im EU-Trilog verhandelt werden. Für Krankenhäuser gelten nach derzeitigem Umsetzungsstand je nach Größe und Rechtsform unterschiedliche Erstanwendungszeitpunkte.
  • Ab Geschäftsjahr 2025 (1. Welle): Große Krankenhäuser in der Rechtsform einer Kapitalgesell-schaft oder kapitalgesellschaftsgleichen Personengesellschaft, die bereits zur nichtfinanziellen Erklärung verpflichtet waren und im Jahresdurchschnitt mehr als 1.000 Mitarbeitende beschäftigen.
  • Ab Geschäftsjahr 2027 (2. Welle): Alle bilanzrechtlich großen Krankenhäuser unabhängig von einer Kapitalmarktorientierung, die nach bisheriger Regulierung für das Geschäftsjahr 2025 be-richtspflichtig gewesen wären und neben den bisherigen Schwellenwerten zu Umsatz und Bi-lanzsumme mehr als 1.000 Mitarbeitende aufweisen.
 

Der Nachhaltigkeitsbericht wird Pflichtbestandteil des Lageberichts: Anders als die bisherige nichtfinan-zielle Erklärung wird der Nachhaltigkeitsbericht nach § 289b HGB-E künftig integraler, klar erkennbarer Abschnitt des Lageberichts.

Er muss folgende Inhalte nach dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit umfassen:
  • Auswirkungen der Krankenhausaktivitäten auf Nachhaltigkeitsaspekte (Inside-Out-Perspektive)
  • Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf Geschäftsverlauf und Lage des Krankenhauses (Outside-In-Perspektive)
  •  Geschäftsmodell und Nachhaltigkeitsstrategie mit Bezug zum 1,5°C-Ziel
  • Zeitgebundene Nachhaltigkeitsziele (z.B. Klimaneutralität bis 2040)
  • Rolle der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane
  • Nachhaltigkeitsbezogene Sorgfaltspflichten und Risiken
  • Einbezug der Wertschöpfungskette (inkl. Medizinprodukte, Arzneimittel, Catering)
Die Konzernbefreiung gemäß §§ 289b Abs. 2, 315b Abs. 2 HGB-E ist an mehrere Voraussetzungen gebunden:
  • Einbezug in den Konzernlagebericht
  • Konzernlagebericht muss nach BilanzRL aufgestellt sein
  • Zusätzliche Angaben im eigenen Lagebericht erforderlich (§§ 289b Abs. 4, 315b Abs. 4 HGB-E)
CSRD-Berichterstattung nach ESRS-Standards:

Die Angaben müssen im Einklang mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS Set 1, delegierte Verordnung EU 2023/2772) erfolgen. Für einen Übergangszeitraum von drei Jahren besteht die Möglichkeit zur Nichtangabe bei fehlenden Informationen zur Wertschöpfungskette – diese kann für Krankenhäuser bei Scope-3-Emissionen aus Medizinprodukten relevant sein.

Prüfungspflicht und elektronisches Format:

Der CSRD-Nachhaltigkeitsbericht muss durch einen Wirtschaftsprüfer geprüft werden. Ab Geschäfts-jahr 2026 ist das einheitliche elektronische Berichtsformat (ESEF/XHTML) mit maschinenlesbarer Aus-zeichnung der Nachhaltigkeitsangaben verpflichtend. Ergänzend sei an dieser Stelle auf die strafrechtli-chen und zivilrechtlichen Risiken bei falscher oder unvollständiger Nachhaltigkeitsberichterstattung (§§ 331, 334 HGB, Organhaftung nach § 43 GmbHG) hingewiesen.


Der VSME-Standard: Freiwillige Berichterstattung für nicht CSRD-berichtspflichtige Krankenhäuser


Für Krankenhäuser, die nicht unter die CSRD-Pflicht fallen, bietet der VSME einen strukturierten Ein-stieg. VSME-Berichte müssen nicht extern geprüft werden. Das ist ein wesentlicher Unterschied zur CSRD. Der im Dezember 2024 von der EFRAG finalisierte Standard besteht aus zwei Modulen, die den inhaltlichen Schwerpunkt auf Umwelt- und Sozialaspekte legen:


Basismodul (B1-B11):

  • CO₂-Emissionen (Scope 1 und 2 sowie wesentliche Scope 3 aus Anästhesiegasen, Medizin-produkten)
  • Ressourcenverbrauch (Wasser, Energie, medizinische Verbrauchsmaterialien)
  • Abfallmanagement (Sondermüll, Krankenhausabfälle Klassen B und C)
  • Soziale Aspekte (Arbeitsbedingungen Pflegepersonal, Diversität, Patientensicherheit)
  • Governance-Strukturen (Compliance, ethische Beschaffung

 

Zusatzmodul (C1-C9) zur Ergänzung des Basismoduls, für vertiefte Nachhaltigkeitsdarstellung:

  • Klimaziele und Dekarbonisierungspläne
  • Detaillierte Personalangaben (kritisch bei Fachkräftemangel)
  • Lieferkettenverantwortung bei Medizinprodukten
  • Menschenrechtspolitik


Der VSME erfordert formal keine doppelte Wesentlichkeitsanalyse; jedoch müssen Krankenhäuser auch beim VSME entscheiden, welche Themen wesentlich sind – nur die formalen Anforderungen sind gerin-ger. Ohne diese Priorisierung wird jedoch auch der VSME schnell überfordernd.


Die EU-Kommission plant den VSME ergänzend als “Value Chain Cap” (Schutzschild gegen weitere Informationspflichten) zu etablieren; dieser ist aber noch nicht beschlossen. Beispielsweise sollen Sta-keholder von Krankenhäusern unter 1.000 Mitarbeitern künftig nicht mehr ESG-Daten einfordern dürfen, als der VSME umfasst.


Der VSME-Standard ist für alle Krankenhäuser geeignet, um mit überschaubaren Aufwand notwendige Transparenz zu schaffen, die für Auskunftsbegehren der Stakeholder aktuell als ausreichend betrachtet werden können.


ISO-Normen: Systematisches Nachhaltigkeitsmanagement im Krankenhausbetrieb


ISO 14001: Umweltmanagement mit Kosteneinsparpotenzial


Die ISO 14001 ist der weltweit führende Standard für Umweltmanagementsysteme. Für Krankenhäuser besonders relevant:

  •  Systematische Erfassung und Reduzierung von Abfällen (Sondermüll, Krankenhausabfälle)
  •  Ressourceneffizienz bei Wasser, Energie und Verbrauchsmaterialien
  • CO₂-Fußabdruck-Reduzierung für CSRD-Compliance
  • Rechtssichere Dokumentation für behördliche Anforderungen


Krankenhäuser mit ISO 14001-Zertifizierung konnten Energieeinsparungen in Best-Practice-Beispielen von bis zu 40% erreichen. Die durchschnittlichen Einsparungen liegen bei 10-20% und hängen stark vom Ausgangszustand und der Konsequenz der jeweiligen Umsetzung ab.


ISO 14064: THG-Bilanzierung für CSRD-Compliance


Die ISO 14064-Familie quantifiziert Treibhausgasemissionen präzise nach Scope 1, 2 und 3. Diese Norm ist unverzichtbar für CSRD-berichtspflichtige Krankenhäuser und bildet auch eine zentrale VSME-Anforderung. Die Treibhausgasbilanz (Corporate Carbon Footprint) gehört zu den essenziellen Kennzah-len beider Standards. Die Erfassung von Scope 3-Emissionen ist für Krankenhäuser die größte Heraus-forderung und erfordert die Kooperation der gesamten Lieferkette. Auch nach der Übergangsfrist könnten hier erhebliche Datenlücken bleiben.


ISO 50001: Energiemanagement für den 24/7-Betrieb


Krankenhäuser gehören zu den energieintensivsten Gebäuden. Die ISO 50001 fokussiert auf systemati-sche Energieoptimierung von OP-Sälen, Intensivstationen, bildgebenden Verfahren und Klimatechnik. Krankenhäuser mit ISO 50001 haben Energiekosteneinsparungen von bis zu 30% realisiert – bei einem durchschnittlichen Krankenhaus mit 500 Betten kann dies mehrere hunderttausend Euro jährlich ent-sprechen.


ISO 26000: Soziale Verantwortung im Gesundheitswesen


Die ISO 26000 ist ein nicht zertifizierbarer Leitfaden für Corporate Social Responsibility und kann als Orientierungsrahmen für die sozialen Aspekte dienen, die auch in den ESRS-Standards gefordert werden:

  • Menschenrechte und ethische
  • Patientenversorgung
  • Faire Arbeitspraktiken (Arbeitszeiten, Belastung des Pflegepersonals)
  • Einbindung der lokalen Gemeinschaft (Gesundheitsförderung, Prävention)
  • Verantwortungsvolle Beschaffung entlang der Lieferkette

 

Inhaltlicher Fokus und Synergieeffekte der ISO-Normen und des VSME-Standard im Überblick:

Praktische Empfehlungen: Welcher Standard für welches Krankenhaus ?

 

Praktische Empfehlungen: Welcher Standard für welches Krankenhaus ?


CSRD-berichtspflichtige Krankenhäuser (ab 2025/2027): Empfehlung: VSME als Basismodul + ISO 14001
  • ISO 14001 als Basis-Umweltmanagementsystem
  • ISO 14064 für ESRS-konforme THG-Bilanzierung
  • ISO 50001 für Energiekostenoptimierung (alternativ auch EMAS)
  • ISO 26000 als strategischer CSRD-Rahmen
  • Interne Daten aus ISO-Systemen können sodann für CSRD-Bericht genutzt werden
 
Große Krankenhäuser ohne CSRD-Pflicht (ab 400 Betten): Empfehlung: VSME als Basismodul + ISO 14001
  • VSME für Berichterstattung an Banken und Stakeholder
  • Optional Wesentlichkeitsanalyse für Strukturierung und Fokussierung
  • ISO 14001 für systematisches Umweltmanagement
  • Vorbereitung auf mögliche künftige CSRD-Pflicht durch Omnibus-Änderungen
 
Mittlere Krankenhäuser ohne CSRD-Pflicht (150-400 Betten): Empfehlung: VSME als Basismodul + optional Zusatzmodul für Energiemanagement)
  • VSME erfüllt Anforderungen von Kostenträgern und Banken
  • Optional Wesentlichkeitsanalyse für Strukturierung und Fokussierung
  • Strukturierte ESG-Daten ohne Zertifizierungsaufwand
  • Bei hohem Energieverbrauch zusätzlich ISO 50001 (oder EMAS) erwägen
 
Kleine Fachkrankenhäuser und Rehabilitationszentren (< 150 Betten): Empfehlung: VSME Basis-modul + ISO 26000 als Orientierung
  • Geringer Ressourcenaufwand
  • Keine Zertifizierungskosten
  • Wettbewerbsvorteil bei Ausschreibungen
  • Optional Wesentlichkeitsanalyse für Strukturierung und Fokussierung
 
Integration und Synergien nutzen: CSRD, VSME und ISO kombinieren
Die Standards schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich:

Daten mehrfach nutzen: Energiedaten aus ISO 50001 und THG-Bilanzen aus ISO 14064 fließen direkt in den CSRD-Nachhaltigkeitsbericht oder VSME-Bericht ein. Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse kann auch ISO 14001-Prozesse verbessern.

Konzernbefreiung nutzen: Krankenhäuser in Konzernstrukturen können gemäß §§ 289b Abs. 2, 315b Abs. 2 HGB-E von der individuellen Berichtspflicht befreit werden, wenn sie im Konzernlagebericht des Mutterunternehmens einbezogen sind.

Schrittweise Implementierung: Start mit VSME Basismodul oder ISO 14001, dann schrittweise Erwei-terung. Die High Level Structure (HLS) der ISO-Normen erleichtert die Integration.

Bestehende Strukturen nutzen: Klinisches Qualitätsmanagement und ISO-Systeme teilen ähnliche PDCA-Strukturen (Plan-Do-Check-Act).

 

Zukünftige Nachhaltigkeitsberichterstattung bei Krankenhäusern und Unternehmen

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird weiter an Bedeutung gewinnen:
  • VSME wird verbindlicher: Mit dem geplanten “Value Chain Cap” wird der VSME faktisch zum Standard für KMU in Lieferketten.
  • Digitalisierung: Digitale Templates werden künftig die Datenerhebung und Berichterstellung erleichtern.
  • Harmonisierung: Die Schnittstellen zwischen VSME, ISO-Normen und anderen Standards (GRI, TCFD) werden weiter ausgebaut.
  • Finanzsektor: Banken und Investoren orientieren sich zunehmend an standardisierten ESG-Daten – wer frühzeitig berichtet, wird sich Finanzierungsvorteile sichern.
  • Steuerungspotenzial: Eine Treibhausgasbilanzierung bringt Transparenz hinsichtlich der Ver-brauchswerte. Beispielsweise können somit aktiv die Aufwendungen zur CO2-Bepreisung ge-steuert werden.

Fazit: Komplementäre Werkzeuge für nachhaltige Unternehmensführung

CSRD, VSME und ISO-Normen sind keine konkurrierenden, sondern sich ergänzende Instrumente. Zudem sollten diese Instrumente nicht als Bürde, sondern als Instrumente für zukunftsfähige Krankenhäuser verstanden werden. CSRD-berichtspflichtige Häuser müssen ab 2025/2027 nach ESRS-Standards berichten – ISO-Normen bieten die operative Grundlage dafür. Nicht berichtspflichtige Kran-kenhäuser sollten den VSME nutzen, um Stakeholder-Anforderungen zu erfüllen und sich auf mögliche künftige Pflichten vorzubereiten. Eine optional durchgeführte Wesentlichkeitsanalyse legt den Ausgang-punkt und den Rahmen für Strukturierung und Fokussierung auch beim Nachhaltigkeitsbericht gemäß VSME.


Die Entscheidung sollte “sowohl-als-auch” lauten: ISO-Normen eignen sich für ein internes Management und zur Kostensenkung, die Standards nach VSME oder CSRD hingegen für die externe Kommunikati-on. Krankenhäuser, die jetzt systematisch vorgehen, sichern sich nicht nur Compliance, sondern auch wirtschaftliche Vorteile und einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Gesundheitsversorgung.


Rechtlicher Hinweis: Dieser Artikel bietet eine allgemeine Orientierung zum Stand Oktober 2025 und ersetzt keine individuelle Rechts- oder Steuerberatung. Die dargestellten Regelungen befinden sich teilweise noch im Gesetzgebungsverfahren (Omnibus-Initiative). Die tatsächliche Betroffenheit von der CSRD-Pflicht sollte im Einzelfall durch einen Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer geprüft werden. Kei-ne Haftung für Vollständigkeit oder Aktualität.

Über den Autor:
René Schubert Geschäftsführer der DKTIG (Deutsche Krankenhaus TrustCenter und Informationsver-arbeitung GmbH) ist Experte für nachhaltige Digitalisierung im Gesundheitswesen und begleitet Kran-kenhäuser bei der Implementierung von ESG-Strategien, CSRD-Compliance und Nachhaltigkeitsmanagement-Systemen.


Hinweis in eigener Sache: Die DKTIG bietet mit der modular aufgebauten Software-Lösung MEIN NACHHALTIGES KRANKENHAUS sowohl die Möglichkeit nach CSRD- als auch nach VSME-Kriterien Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen. Ergänzt wird die digitale Lösung durch ergänzende Module zur Treibhausgaserfassung und zum Energiemanagement nach EMAS.

Für Fragen zur Umsetzung in der Software-Lösung steht unser Team des Geschäftsbereichs Nachhaltigkeit und Klimaschutz gern zur Verfügung.

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